Wie kann man das Netz gegen Rückstau sichern?
Wie entsteht Rückstau?
Bild 1: Überflutung eines Kellers durch fehlerhafte Rückstausicherung (Bild: grundstuecks-entwaesserung.de)
Ein Rückstau in die Grundstücksentwässerungsleitungen kann immer dann auftreten, wenn die öffentliche Kanalisation das anfallende Abwasser nicht mehr sofort ableiten kann. Gründe hierfür können sein:
- Abflusshindernisse im Kanal,
- zu gering dimensionierte Kanäle,
- Starkregenereignisse (die laut Aussage von Klimaexperten zunehmen werden!).
Abflusshindernisse – Ablagerung und Wurzeleinwuchs
Das öffentliche Kanalnetz kann nicht darauf ausgelegt werden, jeden Starkregen sofort abzuleiten, da die Rohrnennweiten dadurch zu groß und die Rohrleitungen zu teuer würden. Kurzeitige Belastungen des öffentlichen Netzes - und damit ein Rückstau in die Grundstücksentwässerungsleitungen - werden daher in Kauf genommen. Bei der Bemessung der Kanäle werden zulässige Überflutungshäufigkeiten zugrunde gelegt 1.
Häufigkeit der Bemessungsregen*) (1 mal in "n" Jahren) | Ort | Überflutungshäufigkeit (1 mal in "n" Jahren) |
---|---|---|
1 in 1 | Ländliche Gebiete | 1 in 10 |
1 in 2 | Wohngebiete | 1 in 20 |
Stadtzentren, Industrie− und Gewerbegebiete: | ||
1 in 2 | − mit Überflutungsprüfung | 1 in 30 |
1 in 5 | − ohne Überflutungsprüfung | − |
1 in 10 | Unterirdische Bahnanlagen, Unterführungen | 1 in 50 |
* Für Bemessungsregen dürfen keine Überlastungen auftreten. |
Tabelle 1: Empfohlene Häufigkeiten für Bemessungsregen und Überflutungen für die Planung von Entwässerungssystemen 2
Beim Rückstau staut sich das Abwasser im Kanalnetz und in allen angeschlossenen Leitungen und Schächten bis zu der maximalen Höhe auf, bei der es aus den Kanaldeckeln austritt. Das ist dann die sogenannte „Rückstauebene“, die in der Regel dem Straßenniveau entspricht. Alle Abläufe (Bodenabläufe, Waschbecken, Toiletten u.s.w.), die unterhalb dieser Ebene liegen, sind rückstaugefährdet und müssen laut Vorgaben in der Entwässerungssatzung durch Rückstausicherungen geschützt werden.
Bild 1: Folgen einer fehlenden Rückstausicherung, Flutung über die Mischwasserleitung (Bild: grundstuecks-entwaesserung.de)
1. Rückstauebene
2. öffentlicher Mischwasserkanal
3. Mischwasserleitung
4. Kontrollschacht
5. Regenwasserleitung
6. Entwässerungsgegenstand unterhalb Rückstauebene
Welche Folgen hat ein Rückstau?
Wenn Abwasser aus der Kanalisation in das Gebäude gelangt kann das weitreichende Folgen haben:
- Schlamm- und Fäkalienablagerungen im Keller
- Zerstörung von Mobiliar, Elektrogeräten und anderen Gegenständen
- Zerstörung von Wandverkleidungen und Fußbodenbelägen
- Beschädigung von Stromleitungen in den Wänden
- Geruchsprobleme und Bauwerksdurchfeuchtung
- Gesundheitsrisiken durch Keime im Abwasser
- hoher Reinigungsaufwand
- hohe Instandsetzungskosten.
Wer haftet für die Folgen des Rückstaus?
In der Regel müssen Grundstückseigentümer die Folgekosten von Kellerüberflutungen selbst tragen und haften dabei auch gegenüber ihren Mietern.
Ein Versicherungsschutz besteht nur bei Grundstücksentwässerungsanlagen, die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen und ordnungsgemäß betrieben wurden. Bei fehlender oder nicht ordnungsgemäß (Einfamilienhaus: einmal jährlich) gewarteter Rückstausicherung können die Versicherungen Entschädigungen einschränken oder ablehnen.
Die Gemeinden können in der Regel – selbst wenn die Abwasserkanäle zu klein dimensioniert sind – nicht für die Schäden haftbar gemacht werden, da in der Satzung Rückstausicherungen gefordert werden.
Welche Rückstausicherung ist die richtige?
Die geeignete Rückstausicherung ist jeweils für den Einzelfall zu planen. Die Auswahlfaktoren sind:
- Höhenlage der Entwässerungsgegenstände im Verhältnis zum öffentlichen Kanal
- Abwasserart in der zu sichernden Leitung (fäkalienfrei oder fäkalienhaltig)
- Sicherung einzelner Ablaufstellen oder einer durchgehenden Leitung
- Einbauort der Rückstausicherung innerhalb oder außerhalb des Gebäudes
- Entsorgung auch während der Rückstauzeit erwünscht
Abhängig von der Höhenlage der Entwässerungsgegenstände im Verhältnis zum öffentlichen Kanal sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden:
1. Die Entwässerungsgegenstände im Keller liegen höher als der Abwasserkanal, aber unterhalb der Rückstauebene (Bild 2):
Im Regelfall fließt das Abwasser in freiem Gefälle in den Kanal. Zur Rückstausicherung können Klappen eingebaut werden, die im Normalfall geöffnet sind, bei Rückstau aber automatisch schließen. Nachteil: Bei geschlossenem Rückstauverschluss kann aus dem Keller kein Abwasser entsorgt werden!
2. Die Entwässerungsgegenstände im Keller liegen unterhalb der Rückstauebene und unterhalb des Abwasserkanals (Bild 3):
Das Abwasser muss auch im Normalfall in den Kanal gepumpt werden. Die sogenannte „Hebeanlage“ ist gleichzeitig die Rückstausicherung. Vorteil: auch bei Rückstau kann Abwasser aus dem Keller entsorgt werden.
Bild 2 (links): Fallbeispiel Entwässerungsgegenstände im Keller liegen höher als der Abwasserkanal, aber unterhalb der Rückstauebene (Bild: grundstuecks-entwaesserung.de)
1. öffentlicher Mischwasserkanal
2. Mischwasserleitung
3. Regenwasserleitung
4. Rückstausicherung
5. Schmutzwasserleitung
6. Revisionsöffnung
7. Kontrollschacht
8. Rückstauebene
Bild 3 (rechts): Fallbeispiel Entwässerungsgegenstände unterhalb Rückstauebene (Bild: grundstuecks-entwaesserung.de)
1. öffentlicher Mischwasserkanal
2. Mischwasserleitung
3. Rückstauebene
4. Druckleitungsschleife oberhalb Rückstauebene
5. Revisionsöffnung
6. Schmutzwasserleitung
7. Pumpe
8. Regenwasserleitung
Die Schaubilder geben Ihnen eine Entscheidungshilfe zur Auswahl einer geeigneten Rückstausicherung in Abhängigkeit von der Abwasserart und den Höhenverhältnissen (Bild 4 und 5).
Bild 4 (links): Entscheidungshilfe für eine geeignete Rückstaueinrichtung (Bild: grundstuecks-entwaesserung.de)
Bild 5 (rechts): Entscheidungshilfe für eine geeignete Rückstaueinrichtung - fäkalienfreies und fäkalienhaltiges Abwasser (Bild: grundstuecks-entwaesserung.de)
Abschließend ist zu ergänzen, dass der Verzicht auf Entwässerungseinrichtungen wie Bodenabläufe, Waschbecken, Toiletten usw. in rückstaugefährdeten Untergeschossen ebenfalls eine Alternative zum Schutz gegen eindringendes Wasser darstellt.
Praktische Tipps
- Rückstausicherung nach Möglichkeit nicht unmittelbar vor den Entwässerungsgegenständen, sondern so weit wie möglich zum Kanal hin anbringen
- Bei Ausrüstung eines Hausanschlussschachtes mit Rückstausicherung wird das Rückstauwasser schon außerhalb des Gebäudes zurückgehalten
- Nie Abwasser (Regenwasserleitungen und Kellertreppenentwässerungen), das oberhalb der Rückstauebene anfällt über die Rückstausicherung führen, sonst wird der Keller bei verschlossener Rückstausicherung unter Wasser gesetzt
- Wartung halbjährlich durch Fachbetrieb durchführen lassen, eventuell Wartungsvertrag abschließen
- Rückstausicherung generell geschlossen halten und nur im Bedarfsfall öffnen, insbesondere nie bei starkem Regen
- Falls der Anschluss der Dränage genehmigt wurde, nur über Hebeanlagen an den öffentlichen Kanal anschließen
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